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Von der Müllinsel zum Recycling-Vorbild
Datum 2019-03-18

Wie Taiwan dank Erfindungsreichtum und innovativer Technologien die Wende gelingt

“Garbage Island” – diesen wenig schmeichelhaften Spitznamen hatte Taiwan noch vor nicht allzu langer Zeit inne. Die Insel mit ihrer hochentwickelten Industrie hatte in der Tat ein großes Müllproblem. Mehr als drei Tonnen sammelten sich pro Jahr an, lediglich 5% davon wurden recycelt. Ein einzelner Haushalt produzierte mehr als ein Kilogramm Müll am Tag.

Diese Zahl hat sich inzwischen mehr als halbiert, und auch die nationale Müllproduktion ist um etwa zwei Drittel gesunken. Die Recyclingrate lag 2017 bei 53%, einer der weltweiten Topwerte. Innerhalb von etwa zwei Jahrzehnten hat Taiwan eine beeindruckende Verwandlung durchlaufen. Wie ist Taiwan das gelungen? Die Antwort ist komplex, und doch genial einfach.

Recycling als Verantwortung

In Deutschland stehen Mülltrennung und Recycling bei den meisten Privathaushalten auf dem Programm. Vier verschiedene Mülltonnen zieren beinahe jeden Hauseingang, für den Rest gibt es Wertstoffhöfe. All das sucht man in Taiwan vergeblich. Ganz im Gegenteil gibt es Mülleimer überhaupt nur an Bushaltestellen oder Bahnhöfen. Wie also kann Taiwan zu den Weltmeistern im Recycling gehören?

Der entscheidende Schritt setzte in den Köpfen der Menschen an. Regierung und Umweltbehörden waren auf der Suche nach einem Müllentsorgungssystem, das die Bürger zu einem eigenverantwortlichen und bewussteren Umgang mit ihrem Müll bewegen würde. Was wäre, wenn jeder einzelne viel stärker eingebunden wäre in die Abfallwirtschaft der Stadt? Die Antwort kann man an fünf Tagen in der Woche auf den Straßen von Taipeh sehen und hören.

Wenn Beethovens „Für Elise“ durch die Straßen klingt ist das für Anwohner das Signal, sich mit Ihrem Müll auf der Straße zu versammeln. Die Musik kommt von den gelben Müllautos, die in der Hauptstadt mehr als 4.000 Abholstationen anfahren. Eine App zeigt die nächste Abholstelle an und informiert per Alarm, wenn es Zeit ist, sich auf den Weg zu machen.

Dann wird eingeladen. Restmüll landet im Müllauto und darf ausschließlich in speziellen Müllsäcken entsorgt werden. Diese „blue bags“ sind kostenpflichtig und sollen die Bewohner so animieren, Hausmüll zu vermeiden. In einem zweiten Fahrzeug sortieren Anwohner und Mitarbeiter der Stadt recycelbares Material in die entsprechenden Container ein – kostenfrei. Dieses System erhöht den Anreiz zu recyceln und nimmt jeden Bürger persönlich in die Verantwortung.

So effektiv dieses System auch ist, in der geschäftigen Hauptstadt ist es für so manchen schwierig, die Müllsammelzeiten mit dem Arbeitsalltag in Einklang zu bringen. Im August startete die Stadtverwaltung von Taipeh daher ein weiteres Experiment, das eigenverantwortliche Abfallwirtschaft noch einen Schritt weiterdenkt: iTrash.

Müllentsorgung trifft IoT

Die große Maschine im städtischen Zhongzheng District sieht auf den ersten Blick aus, wie ein überdimensionierter moderner Pfandautomat. Und in der Tat funktioniert das System sehr ähnlich: Benutzer können zu jeder Tages- und Nachtzeit ihren Müll zu dieser iTrash-Teststation bringen und dort gegen eine Gebühr entsorgen. Wer den Müll richtig trennt, bekommt dafür eine finanzielle Belohnung.

So sind zehn recycelte Plastikflaschen oder acht Aludosen einen Taiwan Dollar wert (derzeit etwa 30 Cent). Das Geld landet als Guthaben auf der EasyCard des Nutzers. Diese Prepaidkarte ist in Taipeh fast allgegenwärtig und kann für unterschiedlichste Zwecke genutzt werden – für Bus und Bahn, Parkhaus-Gebühren oder in vielen Ladengeschäften.

iTrash kommt aus dem Hause Hao-Yang Environment Technology Ltd. und veranschaulicht in besonderer Weise Taiwans Innovationskraft und Technologie-Knowhow. Das Gerät sammelt den Müll nicht einfach, sondern wiegt und komprimiert diesen vor Ort. Das erhöht die Kapazität und senkt Kosten. Rund 200 Kilogramm passen so in einen Container. Und da iTrash mit der Cloud verbunden ist, bekommen Mitarbeiter einen Alarm, wenn er geleert oder gewartet werden muss. Überquellende Müllcontainer gibt es also auch weiterhin nicht in Taipeh. Ein weiteres Plus: das ausgeklügelte Design unterdrückt unangenehme Gerüche und wird so nicht zur Belastung für die Nachbarschaft.

Die Abfallwirtschaft der Zukunft?

Nach mehreren Monaten Testphase zieht die Stadtverwaltung eine sehr positive Bilanz. Mehr als 800 Menschen haben das Angebot in Anspruch genommen, ihren Müll an der iTrash-Station selbst zu entsorgen – beinahe 2.000 Kilogramm waren es bis Dezember 2018. Die Recycling-Rate ist dabei ebenfalls hoch: rund 20.000 Flaschen und 8.000 Dosen haben die Nutzer in den ersten vier Monaten zurückgebracht.

Für die Initiatoren des Testlaufs ist deshalb klar: Im Laufe des Jahres sollen weitere iTrash-Stationen an unterschiedlichen Standorten dazukommen – in Taipeh und darüber hinaus. Dabei wollen die Behörden auch das Feedback der Nutzer einbeziehen, um den Service weiter zu verbessern. Ähnlich wie bei den Müllautos ist außerdem eine App geplant. Diese zeigt Nutzern in Zukunft die nächstgelegene iTrash-Station und ihre persönliche Recycling-Bilanz.

Müll zu Gold machen

Eine innovative Abfallwirtschaft ist für eine dicht besiedelte Insel wie Taiwan eine Notwendigkeit. Wie der Hersteller von iTrash zeigt ist es aber zugleich aber ein profitables Geschäftsfeld. Die Recycling-Industrie in Taiwan bringt Milliarden ein und umfasst heute mehr als 1000 Unternehmen.

Da gibt es zum Beispiel Super Dragon Technology, ein Unternehmen, das Elektroschrott buchstäblich zu Gold macht. Die Firma extrahiert die wertvollen Edelmetalle, die in Festplatten und anderen Elektronikbauteilen vorkommen. Nahezu 100% des in Platinen verbauten Goldes kann Super Dragon Technology nach eigenen Angaben für die Wiederverwertung bereitstellen. Statt die übriggeblieben Plastikteile zu verbrennen verarbeitet das Unternehmen auch diese weiter. Aus Gehäusen und Leiterplatten entsteht alles von Kunstobjekten zu Bodenbelägen.

Ein weiteres Beispiel ist das Unternehmen Da Fon, das sich auf das Recycling von Plastik spezialisiert hat. Die daraus resultierenden Granulate werden in die ganze Welt exportiert und dort zu neuen Produkten verarbeitet. Mehr als 700.000 Tonnen an Material recycelt Da Fon jedes Jahr, mehr als jeder andere Recycling-Betrieb in Taiwan.

Auch die LienTai Corporation hat es sich zur Aufgabe gemacht, Ressourcen aus schwer verwertbaren Abfällen zurückzugewinnen. In Zusammenarbeit mit Tetra Pak Taiwan hat das Unternehmen eine Technologie entwickelt, mit der Getränkekartons, Kaffeebecher und andere beschichtete Papierabfälle zu 100 Prozent recycelt werden können – ein Alleinstellungsmerkmal auf dem taiwanischen Markt. Die daraus resultierenden Zellstoffe und Plastik-Pellets werden in unterschiedlichen Industrien zu neuen Produkten weiterverarbeitet.

Aus dem Müllproblem haben Stadtverwaltungen und taiwanische Unternehmen eine Tugend gemacht. Statt verdreckter Strände und Straßen gilt Taiwan heute als Vorbild für effektive Abfallwirtschaft. Zwar funktioniert die Müllentsorgung noch nicht überall so gut wie in Taipeh. Beispiele wie iTrash zeigen jedoch: Mit Innovationsgeist und technologischer Expertise gibt es noch viele zukunftsweisende Lösungen zu entdecken.

 


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