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5G-Ausbau: So kann es gelingen
Datum 2020-04-17

Homeoffice, Videokonferenzen, der Skype-Call mit der Familie – die aktuellen Ausgangsbeschränkungen zeigen langsam Wirkung, bringen jedoch auch Schwachstellen in der digitalen Infrastruktur zum Vorschein. Netflix und Co. hatten bereits Ende letzten Monats angekündigt, die Bildqualität vorübergehend zu drosseln. Und zumindest zeitweise eingefrorene Bildschirme sind in Videocalls im ganzen Land zur Normalität geworden.

All das zeigt: die Datennetze sind am Rande der Überlastung. Dabei sollte doch eigentlich alles besser werden. Nachdem 2019 die Auktion zur Vergabe von 5G-Mobilfunkfrequenzen zu Ende ging, träumten nicht nur Netzwerkanbieter vom Highspeed-Internet für alle. Etwa hundertmal schneller als der Vorgänger 4G sollte der neue Mobilfunkstandard sein, mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von bis zu 10 Gigabit pro Sekunde. Zur Veranschaulichung: Einen Spielfilm in voller Länge könnte man so innerhalb einer Minute herunterladen. Eine Vorstellung, die auch die Industrie verzückt – die voll vernetzte Fabrik und autonome Fahrzeuge könnten so endlich flächendeckend zur Realität werden.

Der 5G-Ausbau verläuft schleppend

Wie steht es aktuell tatsächlich um den 5G-Ausbau in Deutschland? Das Bild ist gemischt. Das erste 5G-Netz startete Vodafone im Juli 2019, auch das erste Bundesligastadion ist schon mit der Technologie ausgestattet. „Bis zum Ende des laufenden Jahres wollen wir 10 Millionen Menschen mit 5G erreichen, bis Ende 2021 dann rund 20 Millionen“, lässt der Konzern verlauten. Konkurrent Telefónica will bis Ende 2022 30 Städte mit insgesamt 16 Millionen Einwohnern versorgen. Es geht also voran – jedoch schleppend. „Bis 5G flächendeckend zur Verfügung steht, wird es wohl noch einige Jahre dauern“, urteilt auch 1&1 Drillich, neben O2 der vierte Anbieter in der Runde.

Die Gründe für das langsame Vorankommen sind vielfältig. Da sind zum einen die strengen und langwierigen baurechtlichen Genehmigungsverfahren. Durchschnittlich 18 Monate dauert es in Deutschland, eine Genehmigung zur Verlegung neuer Glasfaserkabel oder die Errichtung eines Funkmastes zu bekommen. "Wenn wir den Anspruch haben, bei 5G führend zu werden, müssen wir diese Genehmigungsverfahren beschleunigen", stellt Telekom-Deutschlandchef Dirk Wössner klar. Zur Wahrheit gehört jedoch auch: Für die Netzbetreiber ist es oft wenig attraktiv oder profitabel, Highspeed-Leitungen in den ländlichen Raum zu bringen. Selbst 4G ist deshalb vielerorts noch nicht verfügbar – auf 5G wird man hier noch lange warten müssen.

Umfassende Digitalstrategie statt Lippenbekenntnisse

Daran zeigt sich, dass es sich nicht unbedingt um ein technologisches Problem handelt – eigenen Angaben zufolge sind die Netzanbieter bereit für 5G. Vielmehr ist die Situation rund um den Netzwerkausbau symptomatisch für eine grundsätzliche Zögerlichkeit beim Thema Digitalisierung. Zwar wird diese von Regierung und Industrie immer wieder als oberste Priorität ausgerufen. Für einen tatsächlichen Fortschritt ist jedoch ein koordiniertes und gezieltes Maßnahmenpaket unerlässlich.

Wie das aussehen kann, zeigt beispielsweise Taiwan. Die Insel im südchinesischen Meer macht gerade wegen ihrem vorbildlichen Krisenmanagement weltweit Schlagzeilen. Doch auch darüber hinaus ist Taiwan ein Paradebeispiel für eine umfassende Digitalisierungsstrategie. Wurde über die Notwendigkeit eines Digitalministeriums in Deutschland bei der letzten Bundestagswahl noch heftig diskutiert, ist dies in Taiwan schon längst Realität. Und mit Audrey Tang, einer ehemaligen Hackerin, ist der Posten zudem mit einer absoluten Branchenexpertin besetzt.

Traditionell stark in der Halbleiter- und Informationstechnologie-Industrie tut die Regierung zudem alles, um digitale Innovationen im Land voranzutreiben. Mit der Initiative “Asia Silicon Valley” hat Taiwan beispielsweise “Smart Machinery“ und das Internet der Dinge zur obersten Priorität erhoben. Unternehmen und Start-Ups, die in einer dieser Zukunftsbranchen arbeiten und forschen, können auf teils erhebliche Fördergelder hoffen. Und mit dem Taiwan Excellence Award zeichnet das Wirtschaftsministerium jedes Jahr besonders innovative oder wegweisende Produkte aus. Dieses Jahr mit von der Partie: Ein Smart Monitoring System für das Industrial Internet of Things, ein „Smart Parking“-System, eine selbstlernende Gesichtserkennungstechnologie für das Smart Office, und 5G-fähige Mobilrouter für zuhause.

Die teuerste 5G-Bandbreite der Welt

Voraussetzung für die Umsetzung dieser Pläne ist jedoch auch ein zuverlässiger und flächendeckender Netzwerkausbau. Auch das Thema 5G ist in Taiwan daher Chefsache. Präsidentin Tsai Ing-wen verkündete Anfang des Jahres, man habe bereits eine politische wie finanzielle Strategie für den zügigen Ausbau vorbereitet. Man plane, mit Vorreitern wie Südkorea und Japan mitzuhalten.

Diese Pläne scheinen auch die Wirtschaft zu überzeugen: Über drei Milliarden Euro zahlten die Netzbetreiber für die begehrten Frequenzen, als die Auktion nach 361 Runden endlich zu einem Ende kam – darunter die teuerste 5G-Bandbreite der Welt. Ein klares Zeichen, dass die Anbieter positiv in die Zukunft schauen.

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